Samstag, 16. Mai 2015

Wien - April 2015

Natürlich kann man sich Schöneres vorstellen, als morgens um Vier aus den Federn zu steigen. Aber mit der Aussicht auf ein paar schöne Tage in einer zauberhaften Stadt, sieht das doch schon ganz anders aus.
 
 
Wer sieht den Fehler? Genau diese Maschine brachte uns in einer guten Stunde ans Ziel. Für unsere Kinder eine Premiere, der allererste Flug und daher ein Erlebnis an sich.
 
 
 
Wien war nicht zufällig unsere Destination. Meine Städtereise zum runden Geburtstag sollte eigentlich nach London oder Berlin führen. Da wir aber dringend einen neuen Erdenbürger unserer Verwandtschaft begrüssen wollten, haben wir unsere Pläne kurzerhand umgekrempelt. Am Vormittag in Wien angekommen, durften wir unser Gepäck im Cordial Theater Hotel einstellen. Bei schönstem Frühlingswetter machten wir uns auf, das charmante Wien zu entdecken.
 
In zehn Minuten erreichten wir zu Fuss die Innere Stadt, gabelten dort meine Schwiegermutter auf, welche schon eine Woche vor uns angereist war, und schlenderten durch den Volksgarten zur majestätischen Hofburg, die über 600 Jahre lang Residenz des österreichischen Herrscherhauses war. Vom Kuppelraum des Michaelertrakts aus erreichten wir die beeindruckenden Kaiserappartements von Franz Josepf I. und Elisabeth und das Sisimuseum. Im Familieneintrittspreis für 59 Euro ist neben den Appartements und dem Sisimuseum auch noch die Silberkammer, die Grand-Tour im Schloss Schönbrunn und der Eintritt ins Hofmobiliendepot inbegriffen. Die Silberkammer, welche sich gleich neben den Appartements befindet, haben wir relativ zügig durchschritten, gerade für die Kinder, na ja, ehrlich gesagt auch für mich, waren die hunderten, nein tausenden von Tellern, Tassen, Tässchen, Löffelchen und Gäbelchen ziemlich schwindelerregend... Meiner Meinung nach hätten wir diesen Programmpunkt sehr gut auslassen können. Das ist aber Ansichtssache - mein Mann war begeistert und ganz anderer Meinung.
 
Hofburg
 
Erzherzog-Karl-Denkmal


Schweizertor (Haupttor des ältesten Teils der Hofburg und nach der Schweizer Garde benannt, welche ab 1745 den Wachdienst der Hofburg übernahm)




Nach dem ermüdenden Silberkammerbesuch brauchten wir dringend frische Luft und so setzten wir das "Muss" eines Wienbesuchs in die Tat um: Zu fünft quetschten wir uns in einen Fiaker und für 80 Euro liessen wir uns eine gute halbe Stunde durch die Stadt kutschieren. Der Fiakerfahrer war leider nicht sehr motiviert. Wie ein defekter Kassettenspieler spulte er alles Wissenswerte über die Sehenswürdigkeiten, die an uns vorbeizogen, herunter. Leider kann ich nicht sagen, was er erzählte, der Verkehrslärm war zu laut oder er sprach zu leise. Wir haben nur einen Bruchteil verstanden.



Die Fahrt führte an prächtigen Hausfassaden vorbei.


Laut unserem Fiakerfahrer soll an diesem Haus kein Fenster gleich aussehen wie das andere.
 
 


Zu guter Letzt riss der Wind dem Fahrer die Euroscheine aus der Hand und diese flatterten quer durch die Gasse und einer landete direkt - nicht lachen - im Pferdeäpfelauffangsack... und ja, das war ich, der ihn wieder rausfischte...
 
Zu Fuss ging es weiter durch den Kohlmarkt, entlang der securitybewachten Geschäfte und weiter durch den Graben. Hier, kurz vor der Pestsäule ist ein Toilettenstopp in den öffentlichen Toiletten unbedingt zu empfehlen. Kaum ist man die Treppen runtergestiegen und eingetreten fühlt man sich, als wäre die Zeit stehen geblieben, ins vordere Jahrhundert versetzt. Einzigartig! Es könnte jedoch vorkommen, dass die Klotüre sich beim Rausgehen nicht mehr öffnen lässt. Keine Angst, in diesem Fall kommt einem die nette Toilettendame rasch zu Hilfe... 
 


Pestsäule


Kurz darauf erreichten wir den Stephansplatz und der Blick eröffnete sich auf das Wahrzeichen Wiens, den stolzen Stephansdom. Der heutige Bau im gotischen Stil entstand ab 1303.
 
 

 
Was meiner Ansicht nach unbedingt zur Besichtigung des Stephansdoms dazugehören muss, ist eine Führung durch die Katakomben. Der Rundgang durch das Reich der Toten führt erst durch den älteren Teil, der jedoch neuer aussieht, mit Kapelle und Gruften für Bischöfe und Metallgefässen mit Eingeweiden namhafter Habsburger. Weiter geht's in den neueren Teil der Katakomben, der nun auch so aussieht, wie man sich Katakomben eben vorstellt: dunkel, schummrig und gruslig. Bis im Jahre 1783 die Bestattung auf Stadtgebiet verboten wurde, wurden in dreissig Räumen die sterblichen Reste von über 10'000 Menschen übereinandergeschichtet. Durch Gitterfenster können die Knochen besichtigt werden. Gerade für Städtereisemuffel, wie Söhnchen es einer ist, sorgt dieser Ausflug ins Gruselreich für Spannung. Rückblickend fand er es das Highlight des Tages - noch vor seinem immerhin ersten Flug. Die Führung beginnt beim Treppenabgang zu den Katakomben im Seitenschiff des Doms und kostet für Erwachsene 5.50 Euro und für Kinder 2 Euro.
 
Die Wartezeit bis die Führung losging überbrückten wir mit dem Besuch einer der Türme. Der Südturm ist 137m hoch und über 343 Treppenstufen zu erreichen. Da meine Schwiegermutter, und natürlich auch die Kinder keine grosse Begeisterung zur Besteigung desselben zeigten, entschieden wir uns heute, da mit einem Aufzug ausgestattet, für den Nordturm. Dieser wurde nie vollendet und erhielt 1579 einen "Turmhelm" im Renaissancestil. Der antike Lift liess Zweifel aufkommen, ob wir hier wohl heil rauf- geschweige wieder runterkommen. Oben angekommen mussten wir uns gut festhalten, der Wind war ziemlich stark und erste Regentropfen fielen vom Himmel. Neben der schönen Aussicht kann die "Pummerin" bewundert werden. Die 21t schwere Glocke wurde nach der zweiten Türkenbelagerung aus dem Erz der erbeuteten Kanonen gegossen. Beim Brand des Doms im April 1945 fiel sie zu Boden und zersprang. Aus ihren Trümmern wurde die neue "Pummerin" gegossen.
 
 
 

 
Wer vom Turm wieder runter möchte, der muss sich etwas in Geduld üben und vor allem bei starkem Wind und Regen auf wetterfeste Kleidung achten. Wir hatten Glück - der Aufzug kam. Wer denkt, er warte lieber noch eine Runde, da ja schon fünf Schweizer im Lift drin stehen (na ja.. vielleicht sahen wir tatsächlich so furchterregend aus mit unseren Sturmfrisuren), der lernt den Liftwart kennen... "Worauf wollens denn warten? Auf Weihnachten? Ostern? Alles schon vorbei... kommens schon rein!!"
 

Obwohl sich schon Müdigkeit breit machte, immerhin waren wir nun schon seit über zwölf Stunden unterwegs, machten wir noch einen Abstecher zur Kaisergruft. Andächtig, von lauter Toten umgeben, schauten wir uns die Särge an und studierten die dazugehörigen Beschilderungen. Prinzessinnen, wie Töchterchen und ich es sind, berührt es schon sehr, vor Sisis Sarg zu stehen im Wissen, dass ihre sterblichen Überreste vor uns liegen. 
 
Müde machten wir uns nun zu Fuss Richtung Hotel, wo wir eincheckten und uns in unseren grosszügigen Gemächern frisch machten für ein feines Nachtessen. Beinahe vis-à-vis fanden wir ein nettes Restaurant, wo wir uns, was denn sonst, Wienerschnitzel schmecken liessen.
 
 
Am Dienstag, nach einem reichhaltigen, stärkenden Frühstück im Hotel ging es Richtung VII. Bezirk. Wir holten meine Schwiegermutter ab, was übrigens kein leichtes Unterfangen ist. Schwiegermama ist immer noch handylos, aber doch so aktiv, dass sie nicht in der Ferienwohnung warten mag, bis wir da sind.... Ein paar Hausecken weiter trafen wir in einer kleinen, schnuckligen Altbauwohnung unsere kleine Nichte und Familie, welche natürlich "gebäbelet" werden musste.
 
Im Vorfeld unserer Reise durfte jeder einen Wunsch äussern, was er ihn Wien unbedingt machen möchte. Da Töchterchen mit unserem Hotel ganz und gar nicht einverstanden war, hatte sie zwei Wünsche frei. Einer davon war, wie könnte es anders sein: Shoppen. Dazu bot sich die Mariahilferstrasse wunderbar an, welche wir in fünf Minuten zu Fuss erreichten. An der breiten, baumgesäumten Strasse findet sich alles was das Töchterchen-Shopping-Herz begehrt.
 



 
Nach Töchterchens Geschmack war viel zu schnell Mittag. Die U-Bahn brachte uns direkt vor die Tore des Praters, wo wir wieder auf den Rest der Verwandtschaft trafen und einen kurzweiligen Nachmittag bei wunderschönem Wetter in Wiens Vergnügungspark mit nostalgischem Flair verbrachten. Söhnchens Wunsch übrigens - müsste ich nicht extra erwähnen, oder?


Der Prater - einst kaiserliches Jagdgebiet, ab 1766 Erholungsgebiet der Wiener

 
Das dicke Portemonnaie darf nicht vergessen werden. Die Eintritte in die vielen Fahrgeschäfte können sich an einem Nachmittag zu einem stolzen Betrag summieren. Am Eingang des Praters kann eine Prater Card bezogen werden, die mit einem gewünschten Betrag mit 10% Ermässigung aufgeladen werden kann. Aber Achtung: Nicht bei jedem Fahrgeschäft kann mit der Prater Card bezahlt werden.

 
An dieser Stelle muss ich unbedingt die unglaubliche Gastfreundschaft und Hilsbereitschaft erwähnen, der wir hier in Wien überall begegnet sind. Wir standen mitten im Park und ich sagte im Kreise meiner Lieben, fast mehr zu mir selbst, dass ich heute noch zum Riesenrad kommen möchte, da stand schon ein junger Herr neben mir und fragte: "Suchen sie das Riesenrad? Das ist ganz vorne." Ein anderes mal standen wir irgendwo in der Stadt, ich den Reiseführer studierend. Da stand unvermittelt ein älterer Herr neben mir und erkundigte sich, ob wir denn was Bestimmtes suchen...

 
Wir habe es tatsächlich bis zum altehrwürdigen Riesenrad geschafft. Sehr gut gefallen hat mir das kleine Museum, welches beim Eingang zu finden ist. In alten Kabinen des Rades wird die Geschichte des Praters und des Riesenrades mit viel Liebe zum Detail dargestellt.

 
 
Mittlerweile war Abend geworden und nach diesem abenteuerlichen Nachmittag machten sich unsere Mägen bemerkbar. Die Kinder hatten Lust auf Pasta. Meine Wienapp lotste uns auf unserem Heimweg zu der kleinen, unscheinbaren Pizzeria San Giovanni beim Rathaus. Die sah zwar etwas alt und schummrig aus. Aber das Essen war köstlich und die Unterhaltung durch den witzigen Kellner unbezahlbar.
 
 
Am Mittwoch stand das absolute Highlight auf dem Programm. Nach einem wiederum reichhaltigen Frühstück - wir Nimmersatten sassen immer am längsten im Frühstücksraum - reisten wir mit der U-Bahn zum Schloss Schönbrunn. "Österreichs Versailles" war die Sommerresidenz der Habsburger. Unter Kaiserin Maria Theresia, die hier mit ihrem Gemahlen Franz I. Stephan von Lothringen und ihren 16 Kindern lebte wurde das Schloss zum Mittelpunkt der Monarchie um- und ausgebaut.
 
Das Schloss hat insgesamt 1400 Räume. Auf der sogenannten "Grand-Tour" welche wir machten, können 40 davon besichtigt werden, darunter die prunkvolle Grosse Galerie, das Millionenzimmer, das Napoleonzimmer und die einfachen Wohn- und Arbeitszimmer von Kaiser Franz Joseph. Der Audio-Guide führt einem zuverlässig durch die Räume und erzählt kurzweilig und verständlich (auch für Kinder) Interessantes über die Geschichte des Schlosses und deren einstigen Bewohner. Spätestens hier und heute fühlten wir uns wie kaiserliche Hoheiten.
 
 
Kronprinzengarten


 
Der anschliessende Spaziergang führte uns durch den prächtigen Park hoch zur Gloriette, von wo aus sich ein wunderbarer Blick zum Schloss und über ganz Wien bot. Leider, leider war wohl gerade Umpflanzzeit und die Blumenbeete grösstenteils leer. Grund genug für einen nächsten Wienbesuch zu einer anderen Jahreszeit...



Neptunbrunnen


Gloriette
 
 
In der Gloriette befindet sich ein Café, wo wir uns einen Einspänner und ein Stück Sachertorte genehmigten... mmh...
 
Mittlerweile war es sommerlich warm und wir entledigten uns kurzerhand unserer Schuhe und nahmen den Rückweg zum Schloss barfuss unter die Füsse. Das war natürlich nicht nach Protokoll - na ja, da müssen wir als Hobby-Prinzessinnen wohl Abstriche in Kauf nehmen...
 
 
 
Ein Engländer machte uns auf "eine kleine Tier - a squirrel!" aufmerksam, welches wir aus nächster Nähe beobachten konnten.
 
Auch wenn wir und unsere Beine müde waren - ein Abstecher zum Irrgarten mussten schon noch sein. Töchterchen meinte denn auch lässig, als wir davor standen: "Alter!.... mega einfach!"... den richtigen Weg zu finden war dann doch nicht so einfach, wie sie wohl noch oft in ihrem Leben feststellen wird. Irgendwann schafften wir es doch noch und konnten auf der Anhöhe in der Mitte amüsiert die anderen "Herumirrenden" beobachten.
 
 
Das Zahlenspiel strengte die müden Köpfe an... und doch liess es uns keine Ruh', auch hier die Mitte zu finden - in welche Richtung -1, +3, -2... ?
 
 
Voller prächtiger Eindrücke machten wir uns auf den Rückweg Richtung Stadt. Gegessen haben wir heute im Restaurant Ulrich gleich neben der katholischen Kirche St. Ulrich, das mir tripadvisor empfohlen hatte. Die Speisekarte war unseren Kindern etwas zu exotisch. Der Bärlauch-Risotto war aber sehr fein. Mir war das Restaurant etwas zu überfüllt, da wohl sehr beliebt. Bei angenehmen Temperaturen liessen wir den Tag mit der ganzen Familie in einem gemütlichen Beisl in den Gassen des Spittelbergs ausklingen.
 
Am Donnerstag, bereits unserem letzten Tag, mischten wir uns nochmal ein buntes Programm zusammen. Nachdem wir ein letztes Mal das Frühstücksbuffet ausgereizt, im Hotel ausgecheckt hatten und freundlicherweise unser Gepäck noch einstellen durften, brachte uns die U-Bahn in den III. Bezirk. Nach einem kurzen Fussmarsch erreichten wir das kunterbunte Hundertwasserhaus. Die von Friedensreich Hundertwasser geplante und von 1983 bis 1985 erbaute Wohnsiedlung kann nur von aussen besichtigt werden, da sie bewohnt ist.
 
 
Gleich gegenüber befindet sich aber das liebliche Hundertwasser Village, das an einen orientalischen Bazar erinnert. Diverse Shops erfreuen das Souvenirjägerherz und mittendrin befindet sich ein Café, wo man die Atmosphäre auf sich wirken lassen kann.



 
Auf keinen Fall verpassen: Hundertwassers "Toilet of Modern Art" im unteren Stock
 
Strassen- und U-Bahn führten uns anschliessend zum Stephansplatz. Wer sich kurz Zeit nimmt bei der U-Bahnstation, entdeckt die Glasfront, welche die Sicht zur unterirdischen Virgilkapelle freigibt. Erst zuhause beim Durchschauen der Fotos habe ich bemerkt, dass Söhnchen hier, wohl bedingt durch die Spiegelung, ein eigenartiges Geisterfoto geschossen hat:
 
 
 
 Wieder am Tageslicht angelangt, nahmen wir nun doch noch, trotz aller Widerstände der Jugend (ältere Semester waren heute keine mehr dabei) den Aufstieg zum Südturm in Angriff:
 
Wir kamen bloss auf 339...
 


 
Zum Abschluss nahmen wir den Stadtspaziergang meines Reiseführers unter die Füsse, welcher uns durch liebliche, weniger besuchte Gässchen führte...
 
Mozarthaus




Die Jesuitenkirche - ein unerwartetes Bijou - fand ich persönlich wunderschön. 

 


Basiliskenhaus


Ruprechtskirche - Wiens älteste erhaltene Kirche


Kirche Maria am Gestade - früher direkt am Steilufer eines alten Donauarms, daher ihr Name


Judenplatz
Holocaustmal am Judenplatz

 
 
... und durch den Graben, wo wir uns Kaffee und Kuchen gönnten, wieder zurück zum Stephansplatz, der gleichzeitig auch unsere letzte Station auf unserem Wienbesuch war. U-Bahn, City Airport Train und Austrian Airlines brachte uns heil wieder nach Zürich zurück.
 

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